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Ambroise Thomas - Paul Leonard Schäffer - Mignon

Eine fast schon filmreife Vorlage bietet der Stoff zu Mignon: In Anlehnung an Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre als Kind entführt und als junge Frau von Wilhelm aus ihrer Gefangenschaft freigekauft, verliebt sich die Titelheldin in ihren Retter, der seine eigene Liebe zu Mignon allerdings erst erkennt, als es um Leben und Tod geht. Während zahlreiche Komponisten das Angebot einer Vertonung des fertiggestellten Librettos ablehnten, wagte sich schliesslich Ambroise Thomas an die Adaption, und er sollte es nicht bereuen. Das Opernwerk aus dem Jahr 1866 wurde in den Jahrzehnten nach der Uraufführung eines der populärsten im Repertoire und zu Lebzeiten des Komponisten mehr als 1.000 Mal aufgeführt. Dieser Erfolg war auch die Ursache für die unzähligen existierenden Versionen. Nicht nur wurden von Ambroise Thomas selbst immer wieder Musikstücke und Arien hinzugefügt oder weggelassen, um das Werk dem aktuellen Musikgeschmack anzupassen, sogar der Schluss der Oper wurde komplett umgeschrieben, um näher an der literarischen Vorlage zu bleiben. Eine Geschichte rund um Liebe, Schuld und die Suche nach der eigenen Identität: Ab dem 20.05 am Theater Basel in der kammermusikalischen Fassung von Paul Leonard Schäffer.

Ellen Taaffe Zwilich - Clarinet Concerto

Eine besondere Begabung ist es, Werke mit viel Substanz zu komponieren - also mit dem Etikett schwierig und anspruchsvoll versehen – und auf wundersame Weise auch ein breites Publikum zu erreichen. Der amerikanischen Komponistin Ellen Taaffe Zwilich gelingt dieser Spagat scheinbar mühelos. Mit ihrer Originalität und ihrer Vielseitigkeit, der besonderen rhythmischen Energie ihrer Musik in Verbindung mit kontrastierenden Orchesterfarben und einem einzigartigen Gespür für instrumentales Komponieren zeichnet sich Zwilichs Musik nicht nur durch hervorragendes handwerkliches Geschick aus, sondern auch durch Witz, Lyrik und Schönheit schlechthin, was sie für eine breite Zuhörerschaft attraktiv macht. Das Klarinetten-Konzert als Paradebeispiel besteht aus vier Sätzen: Im Herbst 2001 hatte Zwilich bereits den ersten Satz skizziert und wollte gerade mit der Arbeit am zweiten beginnen, als die dramatischen Geschehnisse rund um Nine-Eleven die ganze Welt in einen Ausnahmezustand versetzten. Sie beschloss daher, den zweiten Satz als „Elegy: September 11“ zu betiteln. Die Klarinette beklagt die tragischen Umstände, unterbrochen von einem Gong, gefolgt von tieferen Streichern und traurigen Klarinettentönen. Schnelle Rhythmen bei den Streichern und Hörnern führen zu einem Höhepunkt, der durch hohe Tonleitern in Klarinette und Geigen kontrastiert wird, auf einen durchdringenden Klang folgt ein tiefer und feierlicher Schluss. Dieses von einem tragischen Ereignis inspirierte Meisterwerk wird nun am 15.05. erstmals in der Schweiz zu hören sein, interpretiert vom Sinfonie Orchester Biel Solothurn im Kongresshaus in Biel unter der Leitung von Alexandra Cravero.

Gustav Mahler - Das Lied von der Erde

Regelmässig in Konzertprogrammen und auf Spielplänen vertreten ist zweifelsohne Gustav Mahlers Das Lied von der Erde, eine seiner persönlichsten und ergreifendsten Kompositionen überhaupt. Zwischen Sinfonie und sinfonischem Liederzyklus angelegt, in einer fast revolutionären Tonsprache gehalten und komponiert in einer durchaus noch angenehmen Phase seines Lebens, war Gustav Mahler bereits geplagt von düsteren Vorahnungen, die sich sehr bald bestätigten: Einem Abschied, vielmehr einer Flucht aus dieser Welt gleich kommt dieser Zyklus von sechs Gesängen. Zu hören ist der 6. Satz aus dem Werk in der Bearbeitung von Arnold Schönberg und Rainer Riehn am 03.05 und 04.05. in in der Klosterkirche in Wettingen und am 05.05 in der Stadtkirche in Brugg mit dem Stella Maris Orchestra unter der Leitung von Cristoforo Spagnuolo.

Ludger Vollmer - Zusammenstoss

Mit einer kleinen Verspätung verdient das Werk der (vergangenen) Woche bei Schott Music eine nachträgliche Würdigung, nicht nur weil die Kritiken zu der Uraufführung in Heidelberg bislang mehr als begeistert ausgefallen sind, sondern weil der Plot zu Zusammenstoss höchst amüsant, die Musik von Ludger Vollmer grotesk, revueartig und schillernd komponiert ist. Zum Inhalt soviel: Virmula, ein angesehener Astronom, beobachtet im Mai 1910 das bedrohliche Näherkommen eines grünen Kometen, minutiöse Berechnungen ergeben einen baldigen Zusammenprall mit der Erde. Das Ende für die Menschheit ist absehbar, die Welt im Ausnahmezustand. Hamsterkäufe sind an der Tagesordnung, Gasmasken und Sauerstoffflaschen sehr bald schon vergriffen, und die von Scharlatanen vertriebenen Kometenpillen finden reissenden Absatz. Und dann stösst Virmula plötzlich auf einen Fehler in seinen Berechnungen. Wird nun doch nichts aus dem bevorstehenden Weltuntergang? Gemeinsam mit Käthe Steinitz schrieb Kurt Schwitters 1927 das nun von Ludger Vollmer vertonte Libretto zu dieser grotesken Oper, die am 22.04. in einer Mehrspartenproduktion am Theater Heidelberg realisiert und uraufgeführt worden ist. Ludger Vollmer, der vor allem bekannt ist für seine Opernadaptionen aus Literatur und Film wie Lola rennt, Gegen die Wand und Tschick, hat es einmal mehr verstanden geschickt zwischen verschiedenen Musikstilen zu balancieren und bei der Auswahl der vertonten Textvorlage ein gutes Gespür gehabt zu haben.

Henri Dutilleux - Tout und monde lointain

Die Musikgeschichte ist reich an freundschaftlichen Beziehungen, die nicht selten auch in Partituren einen entsprechenden Abdruck hinterlassen. Mstislaw Rostropowitsch und Henri Dutilleux verband eine solche mehr als innige Freundschaft, schon fast eine platonische Liebesbeziehung, aus welcher eines der schwierigsten Werke der Cello-Literatur überhaupt entstand: Tout un monde lointain, inspiriert von Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal, zeichnet eine Welt zwischen Traum und Realität und lädt dazu ein, abstrakte Räume und unwirklich anmutende Landschaften zu durchwandern. Der stille Tüftler und Klangmagier Henri Dutilleux komponierte dieses fünfsätzige Solokonzert in seiner ganz eigenen expressiven und ausgefeilten Tonsprache, unaufgeregt, geheimnisvoll und poetisch zugleich. Interpretiert wird dieses aussergewöhnliche Werk einmal mehr in der Schweiz vom Orchestre Frank Martin - am 21.04. in Genf – unter der Leitung von Thierry Fischer.

Olivier Messiaen - Saint François d'Assise

In den 70er Jahren animierte der damalige Direktor der Pariser Oper - kein geringerer als Rolf Liebermann - Olivier Messiaen zu der Komposition seines ersten und einzigen Bühnen- und Spätwerkes, das seinesgleichen sucht und dazu einlädt, das Mysterium des Glaubens zu erfahren. In diesem Dreiakter über einen Heiligen des 13. Jahrhunderts – Saint François d’Assise – wird wie in einer mittelalterlichen Miniatur oder bei einem Kirchenfenster in acht Stationen die Geschichte des Heiligen erzählt, der auf einem langen Weg seine Lebensangst, Todesfurcht und auch den Ekel vor dem Hässlichen überwindet. Jedes der acht Bilder ist mit einer ganz eigenen musikalischen Farbe versehen, die Musik wird sozusagen zum Motor der Bilderzählung. Spirituell, hymnisch, durchscheinend klingt sie und zählt unbestrittenermassen zu den ganz grossen Opernkompositionen unserer Zeit. Dass Glaube, geistliche Rituale oder sogar Wunder durchaus auch auf einer Bühne Platz finden können, wird das Grand Théâtre de Genève auf das Saisonende hin unter Beweis stellen: Ab dem 11.04. mit 3 Folgeaufführungen mit dem Orchestre de la Suisse Romande unter der Leitung von Jonathan Nott.

Peter Eötvös 1944 - 2024

Eine traurige Nachricht erreicht uns - die gesamte Musikwelt - auf den Beginn dieser Woche hin: Peter Eötvös ist am Sonntag 24. März 2024 in Budapest im Alter von 80 Jahren verstorben. So lautet die Mitteilung von Schott Music unter Berufung auf die Familie des ungarischen Komponisten und Dirigenten. Der international als Meister zeitgenössischer Musik gefeierte und lange in Deutschland aktive Künstler gehört zu den prägendsten Persönlichkeiten der Musik der Gegenwart, der vergangenen Jahrzehnte. Mit Peter Eötvös "verliert die Musikwelt einen der meistgespielten Opernkomponisten unserer Zeit" – ein Nachruf…

Arnold Schönberg - Friede auf Erden

Nicht nur der Frühling hat mit entsprechend angenehmen Temperaturen und viel Sonnenschein bereits wieder Einzug gehalten, auch der bevorstehende Palmsonntag markiert den Beginn der Karwoche, in welcher zumindest unter Gläubigen Einkehr gehalten und mit zahlreichen Konzerten und Veranstaltungen eben dieser Trauerwoche gedacht wird. Tradition haben jeweils die Palmsonntags-Konzerte in in St. Gallen, die dieses Jahr ganz im Zeichen von ‘Friede auf Erden’ stehen, angelehnt an Arnold Schönbergs Friede auf Erden, ein Werk, in welchem die Tür zur Atonalität endgültig aufgestossen und der spätromantischen Phase in einem fliessenden Übergang ein Ende gesetzt wurde. Als Textgrundlage diente ein weltliches Weihnachtsgedicht von Conrad Ferdinand Meyer,1907, zum Zeitpunkt der Komposition hielt Schönberg die darin beschriebene Vision einer „reinen Harmonie unter Menschen“ für denkbar, später distanzierte er sich wieder von dieser mehr als idealistisch gefärbten Idee. Obwohl Friede auf Erden oft als eines der schwierigsten Werke des Chorkanons angesehen wird, gilt es gleichsam auch als eines der bedeutendsten modernen Chorwerke. Geblieben ist eine Komposition von großer künstlerischer Kraft und Tiefe – ein Paradestück für leistungsstarke Chöre! An dieses herausfordernde Projekt herangewagt hat sich der Oratorienchor St. Gallen, zu hören sein wird das Resultat am 23.03. und 24.03. in der St. Laurenzenkirche in St. Gallen unter der versierten Begleitung des Sinfonieorchesters St. Gallen.

Wolfgang Fortner - In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa

Stark verändert und weiterentwickelt hat sich das Musiktheater in den vergangenen Jahren, zumindest was die Werkkataloge von Schott Music anbelangt. Gesellschaftskritische Themen wie der Klimawandel, die Genderdebatte und der grassierende Rassismus werden aufgegriffen, vertont werden aber auch weiterhin Stoffe aus der Literatur wie beispielsweise Buddenbrooks in der Vertonung von Ludger Vollmer oder Egmont in derjenigen von Christian Jost. Ein besonderes Augenmerk gilt gegenwärtig allerdings Wolfgang Fortners In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa, komponiert in der frühen 60er-Jahren, nach dem gleichnamigen Kammerstück von Federico García Lorca, welches am 22.03. auf der Bühne der Oper Frankfurt in einer Neuinszenierung Première feiern wird. Das Werk der Woche mit einem wunderschön-traurigen Plot, von der Instrumentierung her eher klein besetzt und damit auch hervorragend für Aufführungen auf kleineren Bühnen geeignet.

Pēteris Vasks: Tālā gaisma – Fernes Licht – Distant Light

Die berückende Klangschönheit, die den Werken des lettischen Komponisten Pēteris Vasks eigen ist, würde nicht in dieser Form zum Ausdruck kommen ohne die am eigenen Leib gemachten Erfahrungen von Gewalt und Grausamkeit. Lettland stand unter sowjetischer Kontrolle, als Sohn eines baptistischen Pastors war er seines Glaubens und seiner künstlerischen Überzeugungen wegen ständigen Repressalien der russischen Kulturdoktrin ausgesetzt. Mit der Musik als Ausdrucksmittel gelang und gelingt es ihm nach wie vor, sowohl eine Vision der Freiheit als auch eine Form des subtilen Protests zu vermitteln. Sein Violinkonzert Concerto No. 1 (Tālā gaisma - Fernes Licht - Distant Light) wurde 1996–1997 auf Anfrage von keinem Geringeren als Gidon Kremer komponiert und verfolgt wie zahlreiche weitere Werke von Vasks das Bestreben, mit Musik das Leiden zu mildern und die Trauer zu besänftigen. Auf dem besten Weg ein moderner Klassiker zu werden, wird es von Pēteris Vasks wie folgt beschrieben: «Eine Komposition, die aus der Stille kommt und in die Stille entschwebt - voller Idealismus und Liebe, melancholisch und dramatisch zugleich.» In diesen schon fast utopisch anmutenden Daseinszustand versetzen lassen darf man sich am 13.03. und am 14.03. im Stadthaus Winterthur vom Musikkollegium Winterthur unter der Leitung von Anu Tali.

Pélleas und Mélisande

Eine rätselhafte junge Frau, die sich über ihre Vergangenheit in Schweigen hüllt, das Drama um eine unglückselige Liebe - ein Stoff, der immer wieder zu faszinieren vermag und in der Kunst ebenso oft Niederschlag gefunden hat und nach wie vor findet. Geradezu ein Paradebeispiel dafür ist Maurice Maeterlincks Schauspiel Pelléas et Mélisande, in zahlreichen Vertonungen wiedergegeben so auch von Jean Sibelius: Eine Komposition für kleines Orchester, in welcher nicht Trompeten und helleres Schlagwerk im Vordergrund stehen, sondern Englischhorn, Klarinette, Hörner und Pauken, Instrumente die einen reichen, dunklen und auch etwas bedrohlichen Klang erzeugen und so das Unaussprechliche, das Unausgesprochene mit musikalischen Mitteln zum Ausdruck zu bringen vermögen, nicht psychologisierend, sondern auf traurig-introvertierte Stimmungsbilder bauend und dies mit viel Liebe zum Detail. Gemeinsam in tiefe Gefühlswelten eintauchen darf man am 09.03. in Baden mit der Sinfonia Baden unter der Leitung von Roman Blum.

Amerika

2024 ist ein weltweit gefeiertes Jahr zahlreicher Jubiläen nicht nur im Musik- sondern auch im Literaturbetrieb: Der Todestag des Jahrhundertschriftstellers Franz Kafka jährt sich zum hundertsten Mal. In seinem unvollendet gebliebenenen Romanfragment Amerika steht die Auswanderung des Hauptprotagonisten Karl Rossmann in das Land der grossen Verheissungen im Fokus, eine Erwartung, die sich schlussendenlich als Illusion erweist und alle Träume zum Platzen bringt. Amerika thematisiert wie alle Werke von Kafka die Verlorenheit und das Ausgeliefertsein des Menschen in einem schwer durchschaubaren Kosmos. Ein Suchender oder vielmehr Verlorener war auch Roman Haubenstock-Ramati, also nicht weiter erstaunlich, dass seine gleichnamige Oper Amerika auf dem Stoff von Franz Kafka basiert. Musikalisch sind Überlegungen zu neuen Notationsformen, einer dreidimensionalen Gestaltung des Klangs im Raum oder einer Verschmelzung von Klang, Text und Bewegung in die Komposition miteingeflossen. Die Anforderungen an die Ausführenden sind immens: Ein live spielendes Orchester im Graben erhält Unterstützung von weiteren Orchestern, die ab Tonträger zugespielt werden. Neben 21 Solist:innen-Rollen wird ein Sprechchor miteingebaut, der auch von Band kommt und durch die Installierung von Lautsprechern soll nicht zuletzt auch das Publikum in die Aufführung miteinbezogen werden. Der Gesang, das zentrale Ausdrucksmittel der Gattung Oper, hat der Komponist weitgehend gestrichen, für die Solopartien sieht er mehrheitlich ein komponiertes Sprechen vor. Auf dieses multimediale Ereignis, auf eine Herausforderung schlechthin nicht nur für die Interpret:innen, sondern auch für das Publikum darf man in der Produktion des Opernhauses Zürich gespannt sein: Ab dem 03.03. mit der Philharmonia Zürich unter der Leitung von Gabriel Feltz in der Inszenierung von Sebastian Baumgarten.

Schott journal

Eine erfreulich grosse Anzahl an Uraufführungen im In-und Ausland sind in den vergangenen Jahren realisiert worden, Musikverlage und nicht zuletzt Bühnen, grosse und kleine Häuser halten die Gattung zeitgenössiches Musiktheater lebendig und entwickeln es stetig weiter – mit neuen Stücken und entsprechenden Inszenierungen. Geschmack und Musikverständnis des Opernpublikums sind zwar nach wie vor durch das traditionelle Kernrepertoire geprägt, Stillstand ist wie in allen anderen Bereichen des Lebens auch in der Kunst jedoch keine Option. Der Wunsch nach Entwicklung, nach Neuem muss im Opernbetrieb weiterhin aktiv geweckt werden, nicht zuletzt indem dieser heute nicht nur mehr ein Ort künstlerischer, sondern auch politischer, sozialer und vor allem kulturgeschichtlicher Prozesse ist. Dass Schott Music auch in diesem Segment eine Vorreiterrolle einnimmt, ist bekannt, was gerade in jüngster Zeit an Neuem hervorgebracht worden ist einmal mehr beeindruckend. Einen Eindruck davon verschaffen kann man sich in der jüngsten Ausgabe des Schott journals, in welchem eine breite Palette an Werken vorgestellt wird, so dass man hier schon fast ein wenig die Qual der Wahl hat. Tipps zur Programmplanung, Hinweise auf Neuerscheinungen und Einspielungen runden die Themenvielfalt auch dieser Ausgabe ab.

Katherine Balch - Musica Pyralis

Bevor sich diese Woche dem Ende entgegen neigt, lohnt ein Blick auf das bei Schott Music angezeigte Werk der Woche Musica Pyralis von Katherine Balch, welches am 16.02.mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra uraufgeführt werden wird. Katherine Balch zieht ihre Inspiration vornehmlich aus Klängen der Natur, ihre ganze Aufmerksamkeit in diesem neuen Werk gilt kleinen Schmetterlingen. Auffallend an der Musik der jungen Komponistin ist die Kombination aus Vertrautheit und Andersartigkeit. Die Harmonien und Rhythmen, die einem Grossteil ihrer Werke zugrunde liegen, ähneln grundsätzlich denen von Schubert, Brahms und den anderen Komponisten, deren Musik sie bereits von klein an auf dem Klavier spielte. Aber dieses musikalische Gerüst ist in Klänge gehüllt, die unheimlich und schwer fassbar sind - eine Mischung aus unorthodoxer Orchestrierung, geschickt erweiterten Instrumentaltechniken und einem sanften, aber entschlossenen Vorgehen gegen das Vorhersehbare. Nichts davon ist revolutionär, aber die Klänge, die daraus entstehen, haben eine unnachahmliche Frische. Das liegt daran, dass Balchs Experimentierfreude eher auf der Suche nach neuen Texturen als nach neuen Techniken ist. "Für mich ist Komponieren hauptsächlich ein Versuch, das zu transkribieren, was ich in meinem Kopf höre", sagt sie. Orchesterklänge werden zu ertastbaren Objekten, klackernde, farbenfrohe Kieselsteine zu stimmungsvollen musikalischen Mosaiken zusammengesetzt. Mit ihrer Musik fängt Katherine Balch die Magie von Alltagsgeräuschen ein – eine Einladung in eine fantasievolle, entdeckungsreiche und stilistisch vielfältige Klangwelt, welcher man hoffentlich demnächst auch in der Schweiz folgen darf.

György Ligeti - Konzert für Violine und Orchester

Einen Grossteil der gesamten Musikgeschichte hat György Ligeti in sein Violinkonzert gepackt: Von den Okarina-Flöten entwickelt im 19. Jahrhundert, über Einflüsse aus dem Mittelalter und der Renaissance, bis hin zu der osteuropäischen Volksmusik. In diesem Werk, welches and Farbigkeit und Komplexität zumindest in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seinesgleichen sucht, dialogisiert die Geige mit einem kleinen Orchester von nur 25 Musiker:innen. Die Streichinstrumente sind teilweise verstimmt und erzeugen so neuartige Klangeffekte. Im Zusammenklang mit dem extrem virtuosen Solo-Geigenpart ergibt sich ein zugleich fremdartiger wie vertrauter Höreindruck. Das Konzert hatte Ligeti 1990 für den Geiger Saschko Gawrilof geschrieben, zuerst in einer dreisätzigen Form, die er später zu einer suitenartigen Endfassung von 5 Sätzen erweiterte, in welcher er versuchte, die komplexe Polyphonie und Polyrhythmik weiterzuentwickeln, die er in den achtziger Jahre in seinen Klavieretüden und im Klavierkonzert skizziert hatte. Zu den Lieblingswerken von Patricia Kopatchinskaja zählt diese anspruchsvolle Komposition, die sie nun ein weiteres Mal gemeinsam mit dem Kammerorchester Basel spielen wird: Am 15.02. in Basel und am 16.02. in Schaffhausen.

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